Thematische Vertiefung 

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Unser abendländisches Verständnis des Begriffs “Leere” kommt aus der Tradition europäischer Philosophie, wo es sich aus der Substanz-Gebundenheit ableitet, wie sie Aristoteles beschrieben hat. Im aristotelischen Sinn muß Leere also ein relativer Begriff sein. Deshalb wird “Leere” bei uns in Relation zur Substanz eines “Etwas” gebracht und als Abwesenheit von eben dieser Substanz definiert.

Den Leerheits-Begriff im Buddhismus hingegen kann man geradezu als Gegenentwurf zu dieser Philosophie verstehen: Er leitet sich aus der Erkenntnis ab, daß alle Phänomene substanzlos sein müssen, da sie von bedingten Faktoren abhängen - wie dem bedingten Entstehen (
paticca samuppada). “Leerheit” umschreibt die Abwesenheit jeglichen konstanten Seins: Infolge des stetigen Wandels aller Substanz gibt es keine beständige Wesenheit, also auch kein beständiges "Ich".

In folgendem Sinn kann man “Leerheit” auch als
“Transzendenz alles Weltlichen” verstehen:
Wenn der Buddha sagt, daß wir Nirvana (
Nibbana) erst dadurch erreichen, daß wir vollkommen und unumkehrbar leer geworden sind, bedeutet das in unseren westlichen Sprachausdruck übersetzt:
“Erst wenn wir alles Körperliche und Geistige, was uns in irreführenden Projektionen gefangen hält, entlarvt haben, können wir erlöst werden.
Dann sind wir leer.”


Eine der buddhistischen Niederschriften, die mahaprajnaparamita-sutra, beschreibt
achtzehn Formen von Leerheit:

 
(“shunyata” auf Sanskrit ist bedeutungsidentisch mit “sunnata” auf Pali.)

 

- Die äußerste Leerheit

atyanta shunyata

- Die große Leerheit

maha shunyata

- Leerheit von allem Inneren

adhyatma shunyata

- Leerheit von allem Äußeren

bahirda shunyata

- Gleichzeitige Leerheit von allem Inneren und Äußeren

adhyatma bahirda shunyata

- Leerheit von Leerheit

shunyata shunyata

- Leerheit von Ablenkung

anavakara shunyata

- Leerheit von schlußendlicher Wahrheit

paramaha shunyata

- Leerheit von erzeugten Dingen

samskrita shunyata

- Leerheit von nicht erzeugten Dingen

asamskrita shunyata

- Leerheit von der Nicht-Existenz von Grenzen

anavaragra shunyata

- Leerheit von Wahrnehmung (“Nicht-Perzeption”)

anupalambha shunyata

- Leerheit von Substanz

prakrita shunyata

- Leerheit von Dingen

sarvadharma  shunyata

- Leerheit vom Selbst

svalakshana shunyata

- Leerheit vom Nichtsein

abhava shunyata

- Leerheit vom Wesen des Nichtseins

svabhava shunyata

- Gleichzeitige Leerheit vom Nichtsein und seinem Wesen

abhava svabhava shunyata


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